Guerilla Marketing - schließen Sie sich dem Widerstand an!

Durch einen Zufall stieß ich auf das Konzept des Guerilla-Marketings und habe es anfangs noch nicht mal erkannt. Die Werbung und das Marketing eines Guerillas wirkt perfide und aus dem Hinterhalt heraus. Er abeitet im Untergrund und kennt seinen Feind genau. So entwickelt er mit geringem Aufwand erstaunlich wirksame Strategien und zieht gezielt die Bevölkerung auf seine Seite.

Am einfachsten erklärt sich Guerilla Marketing an einem Beispiel aus dem Leben:
Eine befreundete fünfköpfige Punkrock-Band (die hassen mich jetzt bestimmt voll dafür, dass ich sie als Punkrock-Band bezeichne) bat mich um eine Anzeige für das lokale Wochenblatt für ihren ersten öffentlichen Auftritt. Sie hatten 100 Euro, die aber auch für die Schaltung der Anzeige reichen sollten. Es war Sonntag, das Wochenblatt erschien mittwochs und schon am Samstag sollte das Konzert sein. Die Überlegung der fünf war mit Werbung für 100 Euro möglichst vielen Leuten mitzuteilen, dass am Samstag ihr Konzert stattfand. Prinzipiell natürlich sinnvoll. Betrachten wir die Planung mal genauer: 100 Euro von denen 50 Euro schon mal für die Schaltung der Anzeige draufgehen. 30 Euro würde ich als Freundschaftspreis für die Erstellung der Anzeige nehmen. Blieben den Fünf noch ein Zwanni für Bier. 😉

Wir wohnen in einer relativ kleinen Stadt am nördlichen Rand des Ruhrgebietes. Die Anzeige erscheint am Mittwoch in einer Auflage von ca. 40.000 Exemplaren. Man sollte nun meinen, dass man damit eigentlich problemlos die ca. 70.000 Einwohner erreicht. Pustekuchen. Die Anzeige erscheint schließlich nur ein mal und von neben den – sagen wir mal – 300 Punkrockern, die so ein Konzert besuchen würden, lesen auch 39.700 völlig Uninteressierte die Anzeige.  Viele Punker werfen aber auch nicht mal nen Blick in die Zeitung und verweigern sich der Presse. Erreichen tut man also eher 150 und wenn sich 10% davon entscheiden zum Konzert zu gehen, werden die Fünf vor einem Publikum von 15 Leutchen Raudau machen. Fazit: Zielgruppe verfehlt!

Wäre in Deutschland leider verboten, aber so bewarb der Pay-TV Betreiber HBO in den USA die Mafiaserie "The Sopranos" - eine der erfolgreichsten Serien aller Zeiten in den Vereinigten Staaten. In Deutschland aufgrund mangelnder Werbung gefloppt?

Ich habe den Fünf dann einen Alternativvorschlag gemacht. Anstatt die Anzeige zu schalten, sollten Sie sich auf ein kleines Experiment einlassen und zuerst einen Schritt zurück zum Marketing machen und dann einen neuen Werbeweg bestimmen. Die Zielgruppe, die sie zu erreichen suchen, sind nicht die Wochenblattleser einer Kleinstadt, sondern Leute mit Interesse an Punkrock, die auch Konzerte kleinerer Bands besuchen.  An die muss man ran. Die erste Reaktion war: “Sollen wir etwa Flyer verteilen?”. Doch mein Konzept sah anders aus. Zuerst einmal entwerfe ich eine Anzeige in Visitenkartengröße – meine 30 Euro nehme ich trotzdem dafür. Die Band kauft ein paar Pakete bedruckbarer Aufkleber für 15 Euro und 5 Busfahrkarten für sich selbst. Wir drucken die Anzeige auf die Aufkleber und ihr fahrt in die Stadt und klebt sie dort auf, wo Punker und Punkrocker so rumhängen. Die fünf hatten wenig Geld für Werbung, aber genug Zeit und vor allem das Wissen, wo und wann die Punker in der Stadt und in den umliegenden Städten so rumhängen. Für ein paar Euro kauften sie außerdem das billigste Büchsenbier aus dem Supermarkt und beklebten es mit den Aufklebern. Die Dosen verteilten sie die Woche über an die bekannten “Szenegrößen” – eine gute Gelegenheit auf das Konzert aufmerksam zu machen und mit den Leuten ins Gespräch zu kommen. Später erfuhr ich, dass die Fünf das Konzept noch ausweiteten und die Aufkleber vor Bahnhöfen auf Straßenlaternen, an Auf- und Abgängen zu U-Bahnen-Stationen und über den Pissoirs zweier Punkrock-Kneipen anbrachten. Das war natürlich etwas abseits des Legalen, aber die Fünf hatten das Prinzip des Guerilla-Marketings verstanden. Mit dem geringsten Aufwand ganz gezielt auf die Zielgruppe zugehen und die eigenen Möglichkeiten und Potenziale voll ausschöpfen und die traditionellen Werbungen außen vor lassen. Für das restliche Geld kauften die Fünf weiteres Dosenbier und verteilten es mit Einverständnis des Veranstalters an die ersten 20 Gäste am Konzertabend. Insgesamt kamen knapp 200 Punks aus den umliegenden Städten zum ersten Konzert einer völlig unbekannten Punkband. Letztenendes haben die Fünf ihr komplettes 100 Euro Budget zwar voll ausgeschöpft, aber noch heute werden sie auf mit “Ach, ihr seid doch die mit dem Dosenbier!” angesprochen. Es gab danach bei uns in der Gegend einige “Nachahmer”, aber wer den Weg zuerst geht, zieht auch den größten Nutzen aus einer solchen Aktion.

Ist Guerilla auch was für Sie? Steckt ein Widerstandskämpfer in Ihnen?
Die Geschichte soll natürlich nur ein Beispiel sein, wie man Guerilla Marketing und Guerilla Werbemassnahmen und Werbemittel angeht. Mittlerweile habe ich mich intensiv mit Guerilla Marketing beschäftigt und erkannt, dass es fast für jedes Unternehmen Möglichkeiten zum Guerilla Marketing gibt. Manchmal sind es ganz kleine Kniffe und Handgriffe, um den Werbeeffekt einer Massnahme zu potenzieren. Ein Beispiel:

  • Schalten Sie statt einer Anzeige “Geschäftseröffnung” lieber zwei Anzeigen, in denen sie sich privat zur Geschäftseröffnung gratulieren!

Guerilla Marketing ist extrem. Guerilla ist ziel- und zielgruppenorientiert. Guerilla-Taktiken sind sehr genau auf die Bedürfnisse von Kunden zu geschnitten, daher gibt es keine allgemeingültigen Maßnahmen, die zum Erfolg führen. Trotzdem hier ein paar Beispiele:

  • Eine Firma in den USA sollte Werbung für einen Film machen, bei dem es um einen Geldkoffer geht. Bei einem Budget von 1,3 Mio Dollar ließen sie 1.000.000 Aufkleber drucken und auf 1.000.000 Ein-Dollar scheine kleben. Das Geld wurde in Malls und auf Großveranstaltungen vom Balkon in die Menge geworfen. Es kam zu Massenaufläufen und Massenhysterie. Die Berichterstattung über die Aktionen schafften es sogar in internationale Nachrichtensendungen im Fernsehen.
  • Menschen lassen sich Werbung tätowieren.
  • Ein Aufkäufer von Europaletten warb mit Kleinanzeigen in Schmuddelheftchen, in denen ansonsten Prostituierte ihre Dienste anbieten. Inhalt der Anzeige: Ein Pfeil nach oben und unten, daneben Text: “Brauchst Du Geld für sie oder sie? Verkauf Deine Paletten”.
  • Die Produzenten von “Blair Witch Project” streuten vor Erscheinen des Filmes gezielt Gerüchte, die die Echtheit der Aufnahmen suggerierten.
  • Ein Waschstraßenbetreiber vereinbarte mit Stammkunden, deren PKW immer sehr dreckig waren, dass sie mit dem Finger in den Dreck auf der Heckscheibe schrieben: “Wenn ich wieder bei XY in der Waschstraße war, werden Sie diese Werbung nicht mehr lesen können.” – für 14 Tage damit rumfahren gab’s eine kostenlose Wagenwäsche!
  • Der Besitzer eines Striptease-Club ließ Aufsteller fertigen, die spärlich bekleidete Damen zeigen. Die sind an Laternenpfählen angebracht, die wie die Stangen wirken, an denen die Tänzerinnen normalerweise tanzen. Die Aktion ruft die Medien auf den Plan, es wird in überegionalen Zeitungen mit Bildern darüber berichtet und Sittenhüter bringen die Aktion vor Gericht.
So nutzt Axe im Zuge einer breit angelegten Werbekampagne Guerilla Marketing

So nutzt die Marke Axe Guerilla Marketing im Zuge einer breit angelegten Werbekampagne

Ursprünglich nutzten kleinere und mittlere Unternehmen Guerilla-Marketing intensiv, heutzutage greifen auch Großunternehmen im Rahmen von Werbekampagnen darauf zurück, weil die Kosten in unglaublich guter Relation zum Nutzen solcher Aktionen stehen. Sie sind im Verhältnis zur Wirkung billig, extrem wirkungsvoll und einfach umzusetzen. Das sind natürlich ideale Voraussetzungen, um Teil einer ganzen Werbekampagne zu werden. Daher haben sich kleinere Marketing-Agenturen bereits auf Guerilla Marketing spezialisiert. Allzu häufig handelt es sich allderdings um konventionelle Werbeagenturen, die eigentlich keine echten Guerilla Marketing Konzepte erstellen, sondern ungewöhnliche Werbeideen und Werbemittel vermarkten. Einen Eiswagen in Form einer gerollten Eiswaffel zu bauen, ist definitiv pfiffig, aber kein Guerilla Marketing.

Vielleicht steckt ja auch in Ihnen ein Guerilla! Gerne berate ich Sie, entwickele ein auf Ihr Unternehmen zugeschnittenes Guerilla Marketing-Konzept und setze es um.