Trotz Ferienzeit ist ein Deutschland eine Diskussion über die geplante “Bebilderung Deutschlands” durch Google Streetview entbrannt. Datenschützer laufen Sturm gegen das Vorhaben Googles alle Straßen und Hausfassaden Deutschlands in Bildern zu erfassen und diese Daten jedermann, weltweit, jederzeit in einer Art virtuellem Spaziergang voll zugänglich zu machen.
Die Argumente der Gegner sind vielfältig und reichen von systematischer “Einbrecher-Objekt-Auswahl-Hilfe” bis “sozialer Diskriminierung”. Können Sie sich vorstellen, dass ein Maler bei Ihnen schellt und Ihnen vorschlägt Ihr Haus zu streichen? Aber sowas wäre harmlos im Vergleich zu einer Verknüpfung verschiedener Datensätze durch Kriminelle. Aus Facebook erfahren die, wo jemand wohnt, in Twitter, dass derjenige im Urlaub ist und der Nachbar nur ab und an die Katze füttert und mit Google Streetview lassen sich die Informationen verküpfen. Weltweit können Einbrecher und Räuber nun ihre Streifzüge planen und Anhaltspunkte sammeln, obe es sich um ein lohnendes Objekt für einen Einbruch odert einen sonstigen Coup handelt – und das alles, ohne einmal vom Schreibtisch aufzustehen.
Doch Google scheint sich auf keinen Fall von seinem Vorhaben abbringen lassen zu wollen. Zuerst wurde zugesagt Kennzeichen und Gesichter zu verpixeln, dann, dass man nach Veröffentlichung Blicke ins heimische Fenster ebenfalls unkenntlich machen lassen könnte. Aber letztendlich nutze Google dann die Ferienzeit, um eine “Widerspruchsfrist” für die die Bewohner der ersten 20 Städte, die zum Start von bebildert werden sollen, bis 15.09.2010 zu etablieren. In dieser Zeit sollen Hausbesitzer, Bewohner und sogar ganze Städte und Gemeinden sich aus Google Streetview entfernen lassen können. Der postalische Weg gilt zwar bis 21.09.2010, aber Datenschützer und Politker halten diese Frist für viel zu kurz und prangern an, dass die Ferien- und Urlaubszeit bewußt von Google gewählt wurde, um die Zahl der Widersprüche so gering wie möglich zu halten. Google selbst nennt diesen Zeitpunkt “unglücklich gewählt”.
Wer sich weiter informieren will, dem empfehle ich einen Hinweis des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz. Ebenfalls nützlich ein Artikel des FAZ und des Blogs upset News.
Wer sich jetzt schon sicher ist, dass er nicht möchte, dass sein Wohnhaus in Google Streetview (soll schon im Herbst in Deutschland starten), erscheinen soll, kann sich jetzt Musterschreiben downloaden, ausfüllen und and Google Streetview schicken. Leider ist völlig unklar, was mit den Daten geschieht, die Google bei dieser Gelegenheit sammelt, denn man muss ja Namen, Adresse und Wonhaus angeben. So erhält Google quasi eine “Querulanten-Liste” von Google Streetview Gegnern. Wie damit verfahren wird, bleibt völlig unklar. Auch das Vorgehen bei sich widersprechenden Anforderungen an Löschung oder Unkenntlichmachung bleibt ungeklärt.
Wie gesagt will Google Streetview mit Abbildungen aller Häuser 20 deutscher (Groß-)Städte starten und die Online-Widerspruchsfrist soll bis 15.09.2010 und postalisch bis 21.09.2010 gelten. Für Bewohner aller anderen Städte und Gemeinden hingegen soll das Online-Formular bis ins nächste Jahr hinein verfügbar bleiben.
Letztenendes muss jeder selbst entscheiden, ob und wie wichtig ihm oder ihr Privatsspähre ist. Entscheiden Sie selbst!
Senden Sie Ihren Widerspruch an:
- Per E-Mail: [email protected]
- Per Briefpost: Google Germany GmbH, Betr. Street View, ABC-Straße 19, 20354 Hamburg
Musterschreiben der Bundesministeriums zum Download (Stand: Freitag, der 13te August 2010 – wie passend)
- Musterwiderspruch “Google Streetview”, Word-Dokument (doc, 26 KB, barrierefrei)
- Musterwiderspruch “Google Streetview”, ausfüllbares RTF-Dokument (RTF, 12 KB, barrierefrei)
- Musterwiderspruch “Google Streetview” (pdf-Datei) (PDF, 12 KB, barrierefrei)
- Musterwiderspruch “Google Streetview” (ODT) (ODT, 12 KB, barrierefrei)
UPDATE 17.08.2010 Wo kann man die Unkenntlichmachung auf Google Street View online beantragen?
Aufgrund der vielen Anfragen gibt’s heute ein kleines Update zu diesem Beitrag mit einem Link zu Google Maps zu einer Seite, auf der man die Unkenntlichmachung seines Wohnhauses in Google Street View online beantragen kann…
UPDATE 20.08.2010 Google verlängert Frist für Unkenntlichmachung auf Google Street View zum Online-Start!
Der Konzern Google hat die Frist zum Einspruch Der Veröffentlichung von Hausansichten für Bewohner und Besitzer zurm Start von Google Street View von 4 Wochen auf 8 Wochen verlängert. Das bedeutet, dass man Einsprüche jetzt bis zum 15.10.2010 online gemeldet werden können und für die ersten 20 Städte mit denen Google Street View online gehen will Berücksichtigung finden sollen. Politiker betonen, dass dies auf politschen Druck zurückzuführen sei, für wahrscheinlicher halte ich, dass die durch die Medien aufgerüttelte Netzgemeinde den größeren Anteil daran hat. Google wird wahrscheinlich merken, dass ihr Vorhaben in Deutschland auf deutliche Skepsis stößt und möchte wohl eher einem Imageschaden entgegenwirken.
Auch wenn man nicht in einer der 20 Städte auf Google “Startliste” wohnt, kann man natürlich unabhängig von der Frist schon mal den Widerspruchsvorgang anstoßen. Folgen Sie einfach dem Link zu Google Maps, um die Ansicht Ihrer Hauses oder Ihrer Wohnung aus Google Street View entfernen zu lassen. Die Frist gilt also seitens Google für die Einwohner der Städte
- Berlin,
- Bielefeld,
- Bochum,
- Bonn,
- Bremen,
- Dortmund,
- Dresden,
- Duisburg,
- Düsseldorf,
- Essen,
- Frankfurt am Main,
- Hamburg,
- Hannover,
- Köln,
- Leipzig,
- Mannheim,
- München,
- Nürnberg,
- Stuttgart
- Wuppertal
Oft werden natürlich auch die positiven Aspekte von Google Street View hervorgehoben, wie die Möglichkeit für Touristen sich vor einer Städtereise über das schöne Umfeld, ein Wohngebiet oder ein Hotel informieren zu können. Dabei stellt sich zum einen die Frage, ob das das Geschäft wirklich ankurbeln wird, oder ob viele potentielle Besucher nicht zu Cyber-Touristen werden und zum anderen hat man keinerlei Einfluss darauf, wann die eigene Hausfassade abfotografiert wird und ob die Hausfassade nicht gerade von einem hässlichen Graffiti verschmiert ist oder ein Müllcontainer an der Straße steht.
Zu den Hochzeiten der Telefon- und Adress-CDs in Deutschland konnte man feststellen, dass sich ca. 10% aller Telefonnummern in Deutschland im Laufe eines Jahres ändern. Wer ein Navigationsgerät besitzt, weiß wie schwer es auch für die Hersteller ist, aktuelles Kartenmaterial zu liefern. Mit solchen Gedanken im Hinterkopf sollte man sich fragen: Wie aktuell kann Google Street View auf Dauer sein und möchten wir überhaupt, dass Street View alle Nase lang durch unsere Städte fährt und Häuser fotografiert?
Die Wagen mit den Kameraaufbauten von Google Street View fotografieren aus einer Höhe von ca. 2,90m. In NRW – dem einwohnerstärkstem Bundesland – sieht die Landesbauordnung meines Wissens eine maximale Höhe von Mauern und Sichschutzen von 2m vor. Wer eine höhere Mauer errichten will, muss dies in einem Abstand von mindestens 3 Metern von der Straße tun. Da kaum jemand einen 3 Meter breiten Streifen seines Grundstückes “aufgeben” will, ist die Maximalhöhe von 2m de Facto das obere Limit. Mal ganz ehrlich: Man baut doch eine Mauer, um das eigene Grundstück von der Öffentlichkeit abzugrenzen und einen Sichtschutz zu schaffen. Aber Google darf einfach so “über die Mauer schauen”? Würden Sie sich nicht auch belästigt fühlen, wenn jemand mit seiner Kamera an einem Stock vorbeikommt, sie über Ihre Mauer hebt und in Ihren Garten und in Ihre Fenster späht? Wie oft im Jahr soll ich mich denn damit abfinden, dass Google sich heraus nimmt, zu schauen, ob ich meine Hausfassade geändert habe? Wir machen uns Sorgen um “Nacktscanner” an Flughäfen, da können wir doch nicht zulassen, das Google als “Fassaden-Spanner für die Massen” sein Eindringen in unsere Privatsspähre dauerhauft der Öffentlichkeit zugänglich macht.
Da klingt es schon ein wenig nach Hohn und Spott, wenn Google Chef Eric Schmidt das Datenschutz-Problem lösen will, indem er vorschlägt, regelmäßig den Namen ändern zu lassen und so eine neue Identität anzunehmen, wenn man verhindern möchte, dass einen die Online-Sünden der Vergangenheit verfolgen. Was kommt als nächstes, Herr Schmidt? Sollen in Zelten wohnen und als Nomaden durch’s Land ziehen, um Google Street View zu entgehen?
Es ist schon merkwürdig still geworden um Wikileaks und Julian Assange. Könnte natürlich auch sein, dass da im Background einge Deals abgelaufen sind. Geld, Straffreiheit bei der Vergewaltigungsgeschichte, einen gewissen Status, wie ihn nur Länder verleihen können, wer weiss? Jedenfalls fällt auf, dass nach dem anfänglichen weltweiten Hype, der seinesgleichen suchte, nunmehr gegen Null tendiert. Grüße aus Berlin
Kann natürlich auch sein, dass Julian jetzt mit Hochdruck an der Autobiagraphie arbeitet, die er nie schreiben wollte, um den Schotter für die Gerichts- und Anwaltskosten zusammenzubekommen – vielleicht “lecken” ja vorab auf der von ihm geründetetn Wikileaks-Plattform schon mal ein paar Auszüge durch. Mensch, bin ich heute wieder zynisch… 🙂