Nach einem scheinbaren (und hoffentlich nachhaltigen) Konsens über die Blockgröße steht dem Bitcoin eine weitere Änderung einer Kerngröße ins Haus: Die geplante Halbierung der Belohnungen für das Mining, die ca. alle 4 Jahre – genauer alle 210.000 Blocks – stattfindet. Die Frage, die die Bitcoin-Szene am meisten beschäftigt, ist der Einfluss auf die Wechselkurse von Bitcoin in Fiat-Geld.
Worum ging es nochmal im Mittelteil?
Bitcoin wird von den meisten Benutzern mittlerweile weniger als ein Zahlungsmittel als als ein deflationäre Alternative zur (Ver-)Wahrung von Werten zu Fiat-Geld und Gold gesehen. Die Gesamtausgabemenge von Bitcoin ist auf 21 Millionen Bitcoins (siehe auch grauen Kasten unten “Mangelnde Masse? Mitnichten“) begrenzt und wurde im Originalcode von Satoshi Nakamoto im Jahr 2008 so festgelegt.
Im Gegensatz als Fiat-Währungen, die von den Zentralbanken, bzw, Regierungen und von Regierungen beauftragten Banken ausgegeben und gedruckt werden, ist die gesamte Ausgabemenge von Bitcoin durch einen Konsens auf ein Regelsystem festgelegt und unterliegt somit einem “demokratischen” Prozess und nicht der Willkür von Staaten, Banken und anderen Institutionen. Wegen seiner deflationären Natur wird die digitale Währung oft mit Edelmetallen (im speziellen mit Gold) verglichen, das ebenfalls ressourcenintensive Prozesse im Bergbau durchläuft. Die Speicherung und Validierung von Transaktionen im BTC-Netzwerk in einer langen Ketten von Blöcken wird Mining genannt und erfordert eine enorme Menge an Rechenleistung und Strom. Als Gegenleistung für die Sicherung und Erhalt des Bitcoin-Netzwerk und die Transaktionsabwicklung belohnt das Protokoll derzeit die Miner mit 25 Bitcoins für jeden gefundenen Block validierter Buchungen. Jedoch wird diese Belohnung in Kürze von 25 Bitcoins auf 12,5 Bitcoins halbiert. Die “Halbierung” tritt bei Block 420.000 in Kraft, der voraussichtlich Mitte 2016 (2016-07-10 21:52:10 UTC, Quelle Bitcoinclock) “abgebaut” wird.
Wertverfall, Stabilität oder Steigerung?
Die Halbierung der Belohnungen bedeutet einfach nur, dass das Bitcoin-Netzwerk damit beginnt, mit einer viel langsameren Rate Bitcoins zu generieren. Wenn die Nachfrage nach Bitcoin konstant bleibt, während die Schöpfung halbiert wird, diktieren einfache Wirtschafts- und Marktprozesse, dass der Preise steigen sollte, bis sich ein neues Gleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage einstellt. Er herrscht allerdings Uneinigkeit darüber ob diese voraussehbare Änderung in der “Produktionsrate” des Bitcoin bereits Teil des aktuellen Preises ist, bzw, zu welchem Teil.
Es wird argumentiert, dass sich die Bitcoin-Community ja schon lange der Halbierung voll und ganz bewusst ist und der tatsächlichen die tatsächliche Rückgang der Verfügbarkeit weder Miner noch Trader/Händler überrascht.
Blick in die Vergangenheit …
In der Vergangenheit hatte die einzige bisherige Halbierung der Belohnung keine wesentliche Auswirkung auf den Preis von Bitcoin. Als am 28. November 2012 zum ersten Mal eine Halbierung stattfand, gab es keine sichtbaren Auswirkungen auf den Wert von Bitcoin, die Wert von rund USD $13,40 pro Bitcoin. Allerdings gab es zu jener Zeit nur einen Bruchteil der Investitionen von großen Enterprises und Bitcoin war noch weit davon entfernt von Banken eines “ernsthaft besorgten” Blickes gewürdigt zu werden. Das hat sich geändert. Heute ist Bitcoin ein Milliarden Dollar Business und Enterprises, Miner, Hardware Hersteller, Supplier und Investoren beäugen “den Neuen” nicht mehr neugierig, sondern haben längst Ummengen an Geld in die Entwicklung einzelner Industriezweige fließen lassen.
… und in die Glaskugel
In Anbetracht der historischen Betrachtung des “Halving Days” und der zunehmenden Sensibilisierung des Bitcoinmarktes ist es schwierig, vorherzusagen, ob der Preis des Bitcoin überbewertet ist und zusammenbricht oder seine Stabilität oder nach der Halbierung des Belohnungen seinen Wert stabilisiert bzw, erhöht. Nach Aussage des Bitcoin Sicherheitsexperten und Autor des Buches Mastering Bitcoin: Unlocking Digital Cryptocurrencies, Andreas Antonopoulosdie hängen die Auswirkungen auf den Bitcoin Preis nach der Halbierung von einer Vielzahl von Faktoren, einschließlich der Difficulty und dem Transaktionsvolumen ab.
Antonopoulos meint:
Ich kann den Preis nicht voraussagen. Niemand kann das. Wer es tut, sogar nur für 10 Minuten, tut, lügt. Die Halbierung der Belohnungen ändert die Inflationsrate des Bitcoin. Wie sich die auf die Gesamtwirtschaft auswirkt, hängt von den Bedingungen aller anderen Wirtschaftsparameter ab: Preis, Akzeptanz, Transaktionsvolumen, Hashrate, Difficulty, Investitionen, andere Währungen, globale Marktbedingungen usw…
Soweit Antonopoulos, aber mit ziemlicher Sicherheit kann man folgende Überlegungen als Startpunkt für eine eigene Einschätzung zu Rate ziehen. Die richtigen Schlüsse zu ziehen, ist weiterhin jedem selbst überlassen: Die Betrachtung möglicher Folgen der Halbierung ist so unscharf, dass man selbst Heisenberg nicht mehr sehen kann (den Physiker, nicht die Figur aus Breaking Bad – Die komplette Serie (21 Discs) Die kann man sich auf DVD anschauen). Ich glaube, die Preisentwicklung ist extrem stark von der Reaktion der chinesischen Bitcoin-Wirtschaft und vom Handel abhängig, weniger von den Minern. Halbe Belohnungen = verknapptes Gut = Preissteigerung – so einfach ist es nicht! Bitcoin sind keine Schweinehälften. Wie oben bereits erwähnt, ist fraglich, inwieweit solche Überlegungen bereits Teil des aktuellen Preises sind. Mit halber Belohnung wird für jede Mining-Maschine der Netto-Rückfluss neu berechnet werden müssen. Es wird eine Vielzahl von Maschinen geben, die einfach abgeschaltet werden müssen. Miner werden aussteigen oder Teile Ihrer Anlagen herunterfahren (müssen).
Meine Einschätzung mutet ein wenig an wie der Plot eines postapokalyptischen Zombie-Films:
Erste Welle
Es wird einen Preisverfall im Vorfeld der Halbierung geben, weil die Ängstlichen versuchen Fiat-Geld aus dem Markt abzuziehen. In dieser ersten Welle werden eigentlich die meisten Maschinen sofort mit dem Mining aufhören müssen – einen fallenden oder aber halbwegs stabilen Preis vorausgesetzt – weil die Maschinen nicht mehr effizient genug sind, um die Stromrechnung zu bezahlen.
Zweite Welle
Das wird zu einer höheren Erfolgschance bei den verbleibenden Minern führen, einen Block zu lösen. Sie werden mehr Blöcke lösen und falls die Rechenkraft des Netzwerkes tatsächlich sogar um die Hälfte fällt, werden die verbleibenden Miner sogar doppelt so viele Blocks unter sich aufteilen können, somit bliebe der Markt stabil. Je nach Anzahl der aussteigenden Maschinen wird sich die Rechenpower durch die Difficulty elastisch gebremst schnell wieder einpendeln. Egal, ob die Hashrate um die Hälfte fällt oder nur um zehn Prozent, die Selbstheilungsmechanismen des Bitcoin Protokols werden relativ schnell greifen. Aber es wird eine vielleicht 14-tägige bis 4-wöchige Umbruchphase geben.
Dritte Welle
Viele Miner werden versuchen diese Umbruchphase der zweiten Welle irgendwie zu überleben, um möglichst in der erhofften Ruhephase noch am Mining beteiligt zu sein. Dafür müssen sie vielleicht Reserven in BTC angreifen. Diese werden sie verkaufen, um die Stromrechnung zu bezahlen. Die großen Miner sind mit Sicherheit gut darauf vorbereitet und haben sowohl Reserven in BTC als auch in Fiat-Geld bereit liegen! Fast 75% der Miner sind in China – und mit Sicherheit haben sie sich mit hohen Reserven ausgestattet, um einen “Machtkampf um Mining-Marktanteile am Tag nach der Halbierung” zu beginnen. Der Einfluss auf den BTC-Kurs sollte in dieser Phase relativ gering ausfallen.
Vierte Welle
Nur die effizientesten Maschinen, die zum günstigsten Strompreis noch Rückflüsse erlauben, haben überlebt. Cloud-Mining Dienste wie das chinesische Hashnest (Bitmain), die handelbare Rechenpower im hauseigenen Markt anbieten, werden diesen Service vielleicht einstellen, und versuchen “Beendigungsklauseln” wie “über einen Zeitraum von 10 Tagen Stromkosten höher als Rückfluss der Maschinen führt zu Beendigung des Vertragsverhältnis” triggern zu lassen. Ich kann mir bei Hashnest gut vorstellen, dass sie das im Falle eines Falles, die Gunst der Stunde nutzen und diese Bedingungen sogar forcieren, indem sie versuchen, den weltweiten Handelskurs des BTC zu drücken, um dann mit den doch immer noch effizienten Maschinen S7 selbst weiter zu minen, bis eine neue Generation von Maschinen in der Entwicklungspipe serienreif wird, um den Antminer S7 abzulösen.
Welche Erkenntnis bleibt unterm Strich?
Natürlich bleibt viel Spielraum für Spekulation, aber es ist gut möglich, dass die selbstregulierenden Mechanismen des BTC-Protokol schnell greifen und sich ein stabiles Miner-zu-Belohungen-zu-BTC-Kurs-Verhältnis einpendelt, dass einen “Business-as-usual”-Fortbestand des Bitcoin sichert. Allerdings wird sich die Macht Player verschieben und in bei großen Gruppen (vor allem in China, siehe dazu Kasten unten) konsolidieren, doch die Spielregeln würden bleiben und das Spiel sowieso weitergehen. Der “Goldrausch” des Bitcoin ist vorüber, es geht um eine stabile und lang anhaltende Wertsteigerung. Die großen Schürfer werden aus der Halbierung der Belohnungen als Gewinner hervorgehen.
Der Bitcoin wird nach der Halbierung der Belohnungen an Wert gewinnen, aber mit Sicherheit wird er sich nicht verdoppeln. Ich glaube an 10% – 30% Wertsteigerung nach 4 Wochen, falls keine unerwarteten Einflussgrößen sich gravierend ändern oder ein großer Player (Miner oder Trading Plattform) großen Ärger verursacht. Halten wir fest: Es bleibt alles beim Neuen und bleibt spannend.
Disclaimer: Dieser Artikel spiegelt nur meine Meinung wider, und versteht sich NICHT Anlagehinweis oder Empfehlung. Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten.
Eine Randbemerkung zum Einfluss von China auf dem BTC-Preis
Ich bin nicht Donald Trump und will keine Ängste gegen China schüren (ich lebe ja auch hier) aber ich halte es für sicher, dass sich die größten Mengen Rechenpower in Chinesischer Hand konsolidieren. Bereits jetzt halten nur 4 große Mining-Pools beinahe 75 % der Rechenpower des Bitcoin Netzwerkes.
80% des weltweiten Handels mit BTC findet in China auf den großen chinesischen Handelsplattformen statt. 2014 ging ein Aufschrei durch die Community als der Pool ghash.io (cex.io) kurzeitig mehr als 50% der weltweiten Hashingpower auf sich vereinte. Die Gefahr eines 51%-Angriffs wurden plötzlich Wirklichkeit. Ich halte eine andere Gefahr für weitaus größer: Wenn sich nach der Halbierung der Belohnungen noch mehr Rechenkraft in China sammelt, wird sogar mehr als 75% der Hashing-Power in einem Land vereint sein, dass in Wikipedia als “sozialistisches, autoritäres Einparteiensystem” bezeichnet wird. China selbst hat seinen Banken schon lange den Handel mit Bitcoin, die Kreditgewährung für Bitcoin-Projekte und die Investition von staatlichen Unternehmen in Bitcoin verboten. eine solche Machtkonzentration weckt mit Sicherheit Begehrlichkeiten – und die chinesische Regierung könnte mit einer Zwangverstaatlichung von 4-5 Mining-Pools und 3 Handelsplattformen, Bitcoin quasi im Handstreich kontrollieren. Mal drüber nachdenken!
Mangelnde Masse? Mitnichten!
Die vermeintlich geringe Menge von Bitcoin (21 Mio im Jahre 2140) wird von dem Medien nach halbgarer Recherche gerne als viel zu begrenzt angesehen, um als weltweites Zahlungsmittel oder Alternative Goldreserve benutzt zu werden. Das ist natürlich Quatsch und zeugt von einem mangelnden Verständnis von der Idee des Bitcoin. Leider finden sich Bitcoin Enthusiasten immer wieder in Erklärungsnot, wenn sie erklären sollen, warum 21 Millionen Bitcoin mehr ist, als man sich vorstellen kann.
Gerne erkläre ich hier mal warum das so ist: Gold ist ebenfalls nur in begrenzter Menge verfügbar und es wird immer schwieriger und aufwändiger, heranzukommen. Gerade dieser Umstand macht es ja sehr inflationsresistent. Die Erhöhung dieses Aufwandes spiegelt sich beim Bitcoin nicht in der Difficulty wieder, wie viele glauben, sondern im Reward Halving – also der bevorstehenden Halbierung der Belohungen als Gegenleistung zur Bereitstellung von Rechenleistung zur Transaktionsvalidierung.
Ich habe mal gelesen, dass alles Gold dieser Welt zusammen einen Quader von 20m x 20m x 20m ergeben würde. Bitcoin ist nun mal auf 21 Millionen Stück begrenzt, ABER (und das ist das große “aber”) bis auf die achte Nachkommastelle teilbar. Die kleinste Einheit sind 0.00000001 BTC = 1 Satoshi (zu Ehren von Satoshi Nakamoto). Diese hohe Anzahl an Nachkommastellen macht den Bitcoin in praktisch allen Währungen dieser Welt verrechenbar. So werden auch aus der relativ kleinen Menge von 21.000.000 BTC lockere 2.100.000.000.000.000.000 Satoshi. Eine Zahl mit 16 Stellen! Das sind 2,1 Billiarden!
Zum Vergleich: Die Summer aller Bruttoinlandsprodukte aller Staaten der Welt betrug 2013: 73.982.137 Mio USD = 73.982.137.000.000 USD. Eine Zahl mit 14 Stellen. Man könnte also das Bruttoinlandsprodukt der aller Staaten der Welt 100 Mal in Bitcoin (bzw dessen kleinster Einheit Satoshi) abbilden.
So bleibt dem Bitcoin viel Luft nach oben. Die Menge der ausgegeben BTC wird also in Zukunft mindere Wichtigkeit haben, während es nur noch auf die Bewertung der kleinsten teilbaren Einheit (einem Satoshi) ankommen könnte.