Andere Länder andere Sitten!

Seien wir ehrlich: Natürlich ist der oben zitierte Sinnspruch arg strapaziert, aber gerade in China – mit seinen vielen Tabus und Traditionen – können soziale Interaktionen ein wahres Minenfeld von Fettnäpchen sein. Viele westlich orientierte Besucher fühlen sich in der ersten Zeit in China, wie der Schwanz der Hauskatze in einem Zimmer voller Schaukelstühle, auf denen hyperaktive Kinder sitzen. Obwohl viele dieser Tabus im Zuge eines sich änderenden Zeitgeistes verschwinden,  gibt noch einige Dinge, die man als Besucher lieber vermeiden sollte. Wer sich als Europäer oder Amerikaner in einem völlig anderen Kulturkreis bewegt, sollte sich zumindest des Umfanges der kulturellen Unterschiede bewußt sein.

Nachfolgend nur ein paar davon:

  • “Vielen Dank für die Visitenkarte – ich gucke später drauf. “

Mittlerweile sollte sich herumgesprochen haben, dass man eine Visitenkarte, die man von einem Chinesen empfängt, würdigen und ein paar Sekunden studieren sollte, bevor man sie einsteckt . Aber viele Menschen beherzigen immer noch nicht, dass man die Visitenkarte nicht in die Gesäßtasche steckt oder in der Seitentasche der Hose verschwinden läßt. Für einen Chinesen ist das gleichbedeutend damit, dass Sie auf “ihm sitzen”…  (im betriebswirtschaftlichen Sinne natürlich …) Zumindest “entwürdigen” Sie der Person damit.

  • “Hier, nimm meinen Regenschirm.”

Auch wenn diese Damen gerade gut einen neuen gebrauchen könnten, bieten Sie besser niemandem Ihren Regenschirm an.

Auch wenn diese Damen gerade gut einen neuen gebrauchen könnten, bieten Sie besser niemandem Ihren Regenschirm an.

Bieten Sie einem chinesischen Freund, Geschäftspartner oder Kollegen nie einen Regenschirm an, wenn es anfangen sollte zu regnen. Auch wenn es als höfliche Geste von Ihnen gemeint ist, verbirgt sich dahinter ein Tabu, das einen sprachlich bedingten Hintergrund hat. Das Wort für “Regenschirm” klingt im Chinesischen sehr ähnlich wie das Wort für “Trennung”. Das Anbieten eines Regenschirmes kommt daher eher einer Geste gleich, die bei uns “die Freundschaft kündigen” bedeuten würde. Wenn Sie allerdings genau das vorhaben, ist das Anbieten eines Regenschirmes eine gute Idee. 🙂

  • “Und? Trinken wir noch einen nach dem Essen?”

Verzichten Sie nach dem Essen mit chinesischen Freunden oder Geschäftspartnern auf einen “Absacker”. Alkohol nach dem Essen wird von Chinesen oft mit dem “letzten Getränk vor dem Tode” assoziiert – ähnlich wie bei und die “letzte Zigarette”. Und wer will schon, dass der nächste Drink der letzte wird? Wenn Sie sich mit Ihrem chinesischen Freunden einen hinter die Binde gießen wollen, machen Sie das während des Essens und nicht danach.

  • “Oh, wie schön –  ein Geschenk! Das muss ich sofort aufmachen. “

Falls Sie etwas von einem Chinesen als Geschenk bekommen, ist alleine dieser Akt schon ein Zeichen hoher Wertschätzung, aber zumindest großer Akzeptanz. Aber bitte packen Sie das Geschenk nie in Gegenwart des chinesischen Schenker aus und erwarten Sie auch nicht, dass ein Chinese Ihr Geschenk in Ihrem Beisein öffnet. Auch wenn das iPhone-förmige Päckchen Sie noch so verführerisch anlächelt, wird es Ihnen vielleicht nicht gelingen, Ihren enttäuschten Gesichtsausdruck zu verbergen, wenn Sie feststellen, dass es sich um einen Gedichtband mit Posie aus der Tang-Dynastie handelt und nicht um das Gadget Ihrer Träume. 🙂 Wenn ein Chinese Sie wortwörtlich und sprichwörtlich dazu bringt, vor ihm Ihr “Gesicht zu verlieren”, beschämt er damit gleichzeitig gleichermaßen sich selbst. Schützen Sie also bitte Ihren chinesichen Freund davor, vor Ihnen in Verlegenheit zu geraten.

  • “Aargh!”

Wahren Sie in jeder Situation die Contenance. Auch wenn Ihnen vieles fremd oder gar gefährlich vorkommt, verhalten Sie sich in China nicht, als wären Sie Gast in einer Nachmittagstalkshow! Der Verlust der Beherrschung in der Öffentlichkeit ist in China ebenfalls ein Verlust von Ansehen – sowohl für denjenigen, der sich gerade aufregt, als auch für denjenigen, der das mitansehen muss. Behalten Sie also einen kühlen Kopf und ein beherrschtes Temperament. Dazu gehört auch, dass Sie sich nicht aufregen, wenn Sie (wieder mal) den halsbrecherischten Taxifahrer der Stadt erwischt zu haben scheinen.

  • “Happy Birthday. Hier ist eine schöne Uhr… “

In westlich orientierten Ländern kann eine schöne Uhr ein gutes Geschenk sein, nicht so in China!
Eigentlich sollte es sich ebenfalls schon herumgesprochen haben, dass der Akt des Angebotes einer Uhr ähnlich klingt, wie “am Totenbett eines nahen Verwandten zugegen sein” – und damit die Bedeutung “Drop dead!”, “Fall doch tot um!” oder “Deine Zeit ist bald abgelaufen…” erhält. Sogar das Ticken einer Uhr als solches wird mit dem unvermeidlichen Gang zum Grab assoziiert. Auch wenn Sie glauben ein tolles Geschenk gefunden zu haben – lassen Sie es einfach doch lieber! (Edit: Bitte beachten sie den Kommentar unter diesem Beitrag!)

  • “… und ein Taschentuch.”

Ähnliches gilt für Taschentücher – kein gutes Geschenk, weil man sich damit gewöhnlicherweise auch die Tränen abwischt. In Deutschland verschenkt man ja auch keinen Kaktus, weil einem sonst unterstellt wird, dass man sich insgeheim wünscht, dass der Beschenkte sich daran sticht.

  • “Können Sie Ihr Handy ausschalten?”

Und wenn es Ihnen auch noch so gegen den Strich geht, fordern Sie nie einen Chinesen auf, sein Handy auszumachen oder seinen Klingelton leiser zu drehen. Chinesen achten schon selbst drauf, wann und wo es angebracht ist, sein Handy anzulassen und es wird als großer Verlust von Ansehen empfunden, wenn man dann tatsächlich aufgefordert wird, sein Handy auszumachen!

So sieht ein “gehörnter Ehemann” in China aus – er hat einen grünen Hut auf.

  • “Hey, Mann. Hier gibt’s einen grünen Hut für dich. “

Wieder so ein Geschenke-Tabu: Schenken Sie einem verheirateten Mann keinen grünen Hut oder Mütze. “Den grünen Hut aufgesetzt bekommen” ist nämlich vergleichbar damit “Hörner aufgesetzt zu bekommen” – mit einem grünen Hut unterstellen Sie dem Mann, dass seine Frau ihn betrügt und er nichts davon mitbekommt!
Ja, ja – so ist China!

  • “Was guckst Du?”

Auch wenn Sie als Europäer durchaus mal Ziel des Blicke Ihrer chinesischen Umgebung sind, vermeiden Sie es einfach, zu lange Augenkontakt zu suchen und zu halten! Das gilt sowohl für Anstarren als auch für wohlwollende oder bewundernde Blicke. Nonverbale Äußerungen oder Gesten sind noch viel schwerer zu erkennende Fettnäppchen, als Worte! Zuviel “Glotzen” wird in der Regel als Missbilligung ausgelegt, auch wenn es mit Sympathie gemeint ist und zu langes “Anstarren” wird von vielen Chinesen als bedrohlich empfunden. Das heißt natürlich nicht, dass Sie einen Gesprächspartner nicht auch mal ansehen sollen – etwa ein Drittel der Zeit Augenkontakt suchen ist eine gute Faustregel.

Wie schon eingangs erwähnt, verlieren viele dieser Regeln bei den jüngeren Generationen an Wichtigkeit und Beachtung, aber Chinesen sind in der Regel sehr traditionsbewußt und kennen die Bedeutungen zumindest. Wenn Sie auf Nummer sicher gehen wollen, beherzigen Sie die oben genannten Regeln im täglichen Leben in China oder im Umgang mit chineschen Freunden lieber – zeigen Sie Rücksicht, Einsicht und vor allem kulturelles Entgegenkommen und Verständnis – insbesondere bei der Kommunikation mit der älteren Generation. Täte uns in Deutschland auch gut, oder?

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