Laut einer ARD/ZDF-Oline-Studie sind in Deutschland 49 Millionen Menschen im Alter ab 14 Jahren online – das entspricht 69,4 % der Bevölkerung (Stand: August 2010). Ebenfalls im Jahre 2010 haben die Deutschen rund 8,2 Milliarden Euro für ihre Weihnachtseinkäufe online ausgegeben. Das bedeutet, dass in Deutschland rund ein Fünftel (20,4 Prozent) der Ausgaben für Weihnachtsgeschenke an Onlinehändler flossen.  e-commerce ist nicht nur aus dem Handel nicht mehr wegzudenken – er boomt, wie nie zuvor.

Doch hinter den Kulissen des Online-Handels tobt abseits der normalen Konkurrenz unter Online-Händlern ein kleiner Krieg auf einem Nebenschauplatz, der mit immer härteren Bandagen ausgetragen wird. Die Rede ist vom Kampf Sofortueberweisung.de vs Giropay. Beide bieten ein Überweisungssystem in Form von Online-Banking nach dem TAN-Verfahren an. Giropay wurde tritt als Kämpfer der Postbank, Sparkassen und Volks- & Raiffeisenbanken auf, während Sofortueberweisung.de ein Geschöpf des Anbieters Payment Network AG ist. Die Kontrahenten seien kurz vorgestellt:

Giropay…
… wurde als Online-Zahlverfahren innerhalb der deutschen Kreditwirtschaft entwickelt. Ein angeschlossener Online-Händler kann seinen Kunden so eine einfache und sichere Schnittstelle zur Bezahlung innerhalb seines Online-Shops anbieten. Obwohl mit der Postbank, den Sparkassen und den Volks- und Raifeisenbanken die großen Privatkundenbanken mit an Bord sind (bzw. das Schiff gebaut haben), bleibt die Zahl der Banken bisher beschränkt.

Sofortueberweisung.de…
… geht als “Drittanbieter” und Zahlungsvermittler einen ganz anderen Weg, um ein Bezahlsystem für Online-Einkäufe zu entwickeln. Auch Sofortueberweisung.de bietet Onlinehändlern (und deren Kunden) eine Schnittstelle zur Überweisung, greift aber auf die Online-Formulare der Banken im Internet zurück. Dazu wird der Kunde auf eine Seite von Sofortueberweisung geleitet und gibt dort seine Zahlungsdaten ein. Sofortueberweisung leitet die Zahlungen auf die verschiedenen Überweisungs-Formulare der Zielbanken weiter und löst die Online-Überweisung für den Kunden aus.

Bei beiden Anbietern bekommt der Händler sofort Rückmeldung über den Abschluss der Zahlung und wird seine Ware in der Regel deutlich schneller versenden, als bei einer händisch ausgeführten Überweisung, bei der er noch auf die Gutschrift des Kaufbetrages auf seinem Konto warten muss.

Sofortueberweisung.de ist ein leicht erweiterbares System, weil die Banken und Kreditistitute sich nicht erst zusammenschließen müssen, um eine Infrastruktur für die sichere Datenübertragung zu schaffen. Somit lassen sich mit Sofortueberweisung deutlich mehr Banken ansprechen. Die bekommen nicht mal etwas davon mit, ob der Kunde nun direkt eine Online-Überweisung ausgelöst oder seine Bezahlung mit Sofortueberweisung.de angewiesen hat.

Gerichte…
Das Vorgehen von Sofortueberweisung.de war Giropay natürlich ein Dorn im Auge und ein Stachel im Fleisch – schließlich möchte Giropay seinen eigenen Online-Überweisungs-Service vermarkten. Anfang 2011 reichte Giropay Klage beim Landgericht Köln gegen Sofortueberweisung.de ein. Begründet ist die Klage damit, dass Sofortueberweisung.de die Kunden von Giropay dazu verleite, gegen die Allgemeinen Geschäftbedingungen der Banken zu verstoßen, da diese es in der Regel verbieten, dass die Kunden Dritten geheime zur Online-Überweisung notwendige Daten, wie PIN und/oder TAN mitteilen. Eine Entscheidung des Kölner Landgerichts wurde für den Herbst 2010 erwartet. Eine Fortführung des Geschäftsmodells von Sofortueberweisung.de hätte in der derzeitigen Form ein jähes Ende gefunden, wenn das Gericht zu Gunsten Giropays entschieden hätte – doch es kam anders: Das Bundeskartellamt schaltete sich in den Fall ein.

Zwangsause vor der zweiten Runde...

Zwangsause vor der zweiten Runde...

…und Ämter
Das Bundeskartellamt will vor der Entscheidung überprüfen, ob die Kreditinstitute ihre AGB bewusst geändert haben, um so Sofortüberweisung.de per Gericht aus dem Markt zu drängen. Diese Prüfung wird voraussichtlich großen Einfluss auf das Urteil haben – fraglich ist aber bis dato in welche Richtung, denn laut TÜV-Prüfungen geht Sofortueberweisung mit seinem System mit der erforderlichen Sorgfalt mit den Kundendaten um. Im Prinzip wurde durch die Behörde in einem laufenden Prozess die “Pause-Taste gedrückt”. Beide Unternehmen betreiben somit vorerst “Business as usual” und bieten ihre Systeme zur Online-Überweisung parallel an.

Verunsicherung bleibt
Der Kampf von Sofortueberweisung.de gegen Giropay liegt nun erstmal auf Eis. Die Deutsche Gerichte und Ämter haben ja den Ruf, nicht besonders schnell zu arbeiten. Es ist fraglich, wann eine Entscheidung fallen oder ob und wie die nächste Runde eingeläutet wird. Der schale Geschmack der Verunsicherung bleibt bei den Online-Händlern  zurück, die ihren Kunden eine sichere Methode zur Online-Überweisung auf einer nachhaltigen rechtlichen Grundlage bieten wollen. Solange ein schwebendes Verfahren vor einem Landgericht im Raume und wie ein Damoklesschwert über Sofortueberweisun.de hängt und eine Prüfung des Bundeskartellamtes zu einer erzwungenen Änderung des AGBn der größten deutschen Privatkundenbanken führen könnte, scheuen sich viele Online-Händler, sich für das eine oder das andere Online-Überweisungssystem zu entscheiden. Auf welches Pferd soll man setzen, wenn das eine gewürgt wird und das andere einen Klotz am Bein hat? 🙂

Den letztlichen Schaden hat auch der Kunde, der nicht nur Wert auf Datensicherheit, sondern auch auf rechtliche Sicherheit legt. Viele entziehen sich dem, indem sie sich alternativen Bezahlmethoden wie PayPal zuwenden oder indem sie der “guten alten” händischen Überweisung vertrauen – online oder offline auf Papier.