Als Leser meines Blog wissen Sie, dass ich zur Zeit Chinesisch oder besser gesagt Mandarin lerne. So bereite ich mich auf die (hoffentlich) in Kürze anstehende China-Reise vor. Entgegen allen Vorurteilen ist Mandarin nicht wirklich schwer, wenn man sich auf das Lernen von Umgangschinesich in Pinyin beschränkt. Trotzdem hat man auf den ersten Blick ohne einen längeren Aufenthalt in China nur beschränkte Möglichkeiten, seine Aussprache und Verstehen durch Zuhören zu schulen. Aber wenn man sich näher mit der chinesischen Sprache beschäftigt und ein paar Medien abklopft, entdeckt man erstaunliche Möglichkeiten.

Auf meiner Suche nach vorzugsweise kostenlosen oder zumindest billigen Quellen zum Erlernen von Mandarin bin ich davon ausgegangen, dass man jede Fremdsprache deutlich einfacher lernt, wenn man längere Zeit in dem Land lebt und täglich dazu gezwungen ist, sich mit chinesischer Sprache (und natürlich auch Kultur) auseinanderzusetzen. Natürlich hat man bei einem Auslandsaufenthalt in China häufiger die Möglichkeit, in Englisch zurückzufallen. Besonders seit den Olympischen Spielen 2008 in Beijing, kann man sich in China mit Englisch relativ gut durchschlagen. Das nützt einem aber zum Beispiel auf dem Markt beim Einkaufen von Lebensmittel herzlich wenig. Insgesamt betrachtet wird man “vor Ort” deutlich größere Lernerfolge haben. Daher sollte man auch bessere Chancen zum Erlernen einer Fremdsprache zu Hause haben, wenn man sich mit Medien und Möglichkeiten umgibt, chinesisch weiter kennenzulernen und vielleicht sogar in seinen alltag zu integrieren.

Nachfolgende meine kleine Auflistung an Tipps, Hilfen, Quellen, Medien und Anlaufstellen:

  • Bücher – Für Autodidakten sind Bücher eine sehr gute Quelle und auch allen anderen Anfängern und Einsteigern würde ich gute Sprachkurse in Buchform empfehlen. Achten Sie darauf, dass Sie sich als “Absolute Beginner” auf keinen Sprachkurs festlegen, der sich auf das Erlernen der chinesischen Schriftzeichen orientiert. Die Erfolgskurve ist zu lange zu flach und für Nicht-Asiaten absolut frustriererend. Stattdessen besorgen Sie sich Bücher und/oder Lernkurse, die didaktisch ansprechend aufgebaut sind, für Erwachsene konzipiert wurden (man lernt anders als Erwachsener und saugt Wissen einfach nicht mehr auf wie ein Kind), die sich auf Umgangschinesich stützen und die eine CD/DVD mit begleitenden Sprachübungen und Hörbeispielen beinhalten. Für besonders wichtig halte ich, dass am Anfang phonetische Übungen stehen, um überhaupt Grundlagen der Aussprache vermittelt zu bekommen. Als Umfangreichen aber für Einsteiger gedachten Kurs empfehle ich:

  • Volkshochschule – Mittlerweile bieten viele Volkshochschulen neben Kursen für Englisch und Französisch auch Russisch, Spanisch, Italienisch, Portugisisch und eben Chinesisch an. Die Kurse der deutschen Volkshochschulen werden in der Regel in verschiedenen Schwierigkeitsgraden angeboten. Gerade für Einsteiger bieten sie so ein definiertes Umfeld für erste “Gehversuche” in Chinesisch. Anfängerkurse werden nicht nur in Großstädten angeboten und gehen meist über ca. 20 Unterrichtsstunden bei Kosten um die 100,- € (inkl. Unterrichtsmaterial). Das mag zunächst etwas teuer klingen, aber einen Lehrer zu haben, Fragen stellen zu können und in kleinen Gruppen zu lernen und zu üben ist eigentlich von unschätzbarem Wert. Zu Hause weiterhin lernen müssen Sie sowieso, aber ein Besuch eines aufbereiteten Kurses, um einen Einstieg zu finden (und nichts total falsches zu lernen!) kann nicht schaden, oder?
  • Fernsehen/Satellit – Über Astra 19.2 können Sie in Deutschland das Programm CCTV9 empfangen. Das ist ein chinesischer Sender, dessen komplettes Programm in englischer Sprache gesendet wird. Nun lernt man da scheinbar eher Englisch als Chinesisch, aber das Schauen von Nachrichten oder auch nur des Frühstückfernsehens (hier am Abend :-)) gibt einen guten Überblick über Kultur, Lebensart und Zeitgeist in China. Abgesehen davon wird das Programm ja in China produziert und gesendet und richtet sich an englischsprachige Auslänger in China – in Europa wird “halt nur auch” ausgestrahlt. Ich habe mir den Sender weit nach vorne in meinen “ZAP-Bereich” geschoben und dadurch eine Sendung entdeckt, die sich an englischsprachige Kinder richtet und ein hervorragender Sprachkurs ist! Anfangs findet man es natürlich etwas befremdlich mit Sätzen wie “Hello. I am Peter. What is your Name?” zu hantieren, aber jeder Englischkurs für Kinder hier ginge ähnlich los. Gerade diese “Infantilität” hilft beim Lernen von chinesischen Vokabeln ganz enorm!
    Abgesehen vom frei über Satellit empfangbaren CCTV9 (News) streamen viele chinesische Fernsehsender Ihr Programm auch direkt ins Internet oder betreiben hervorragende Websites, auf denen häufig auch chinesische Sprachkurse zu finden sind. China hat halt ein großes “Sendungsbewußtsein”! Besuchen Sie doch einfach mal die Website des staatlichen Fernsehens in China CCTV und stöbern Sie ein wenig.
  • IPTV/Streaming – Wer einen halbwegs anständigen Breitbandzugang ins Internet hat, vor ungewöhnlichen Ideen nicht zurückschreckt und sich einfach mit “Chinesisch nebenbei” die Zeit vertreiben will, sollte beispielsweise mal einen Blick auf das Streaming-Angebot von www.qqlive.com werfen. Aber bevor Sie jetzt erwarttungsvoll auf den Link klicken, lassen Sie mich vorausschicken, das die Website dahinter komplett chinesisch verfasst ist. Ohne Übersetzungstool oder dem Abgrasen der Links und dem Beobachten der Statuszeile des Browser geht gar nix. Lassen Sie mich erklären: bei qqlive.com werden von vielen Zuschauern gleichzeitig diverse Programme kostenlos ins Internet gestreamt. Auf Grundlage eines P2P-Netzwerkes kann so jeder gleichzeitig schauen und bietet an. Versetehen Sie das nicht falsch, es geht nicht darum, einen Film, Serie oder Sendung herunterzuladen, sondern es wird von allen gleichzeitig “durchgereicht”, was diese gerade selbst gucken. Jetzt kann man da einige chinesische und amerikanische Spielfilme, Serien, Vorschauen, alte Tom & Jerry-Folgen, Anime und… und… und… gucken. Manche sind in Englisch und Chinesich untertitelt, manche sind Chinesisch und in Mandarin und/oder Englisch untertitelt. Aber man findet auch ganz kuriose Sachen wie chinesische Soaps. Wieder andere Sachen sind chinesisch snchronisiert – muss man aber nach suchen. Die Seite eignet sich zum Stöbern und vielleicht, um bereits bekannte Serien oder Spielfilme einfach mal in Mandarin zu gucken. Vielleicht eher was für Fortgeschrittene, aber auch Anfänger können sich so gut in Mandarin “einhören”, besonders, wenn man Serien oder Filme und die entsprechenden Dialoge und Inhalte schon kennt.
  • C.R.I. – China Radio International – Entweder haben Sie einen Kurzwellenempfänger und bekommen China Radio International herein (was eher auf ein paar Hobby-Funker zutreffen dürfte) oder sie besuchen die Website von China Radio International. Ich habe das Programm hier im Blog schon mal vorgestellt, aber da die Website von CRI in deutscher Sprache verfasst ist (!), finden Sie sich bestimmt auch schnell allein zurecht. Daher möchte ich an dieser Stelle nur auf den hervorragenden Sprachkurs im täglichen (!) Webradio-Programm und auf der Website selbst (mit Flash-Filmchen) verweisen!
  • Webseiten/Internet/Video Sprachkurse und freie Inititativen – Im Internet findet man alles! Und mittlerweile auch wirlich ansprechende Websites, Foren, Blogs und Vlogs zum Thema China, chinesische Kultur und Sprache. Die jetzt hier alle aufzuführen, würde deutlich den Rahmen eines kleinen Artikels sprengen. Aber zumindest möchte ich Ihnen beispielhaft zwei kostenfreie Internetseiten vorstellen, die einen guten Einstieg, bzw, einen ambitionierten Einblick in die chinesische Sprache liefern und beide gute Einstiegsseiten darstellen.
    Chinaboard.de – ein kostenloses Angebot der Chinesisch Deutschen Gesellschaft e.V. Hamburg. Hier findet sich ein unglaublich gutes Wörterbuch und ein umfangreiches Forum, bei dem man sich auch gut über China und chinesische Lebensart austauschen kann. Das Chinaboard wird wie der Name schon sagt wie ein klassische Forum geführt und zählt zur Zeit stolze 452 aktive Mitglieder, die zu verschiedenen Theme rege diskutieren.
    Fitfuerchina.org – ist ein noch junger Blog des Österreichers Stefan Tauchhammer (Wien), der selbst in China studiert und gelebt hat. fitfuerchina.org vermittelt auf eine charmante Art, Eindrücke, kulturelle Gegebenheiten und versucht auch mit so manchem Stereotyp aufzuräumen. Grundsätzlich steht aber das Erlernen der chinesichen Sprache (Mandarin) im Vordergrund. Daher hat Stefan auch für kurzem mit einer Freundin, einen chinesichen Video-Sprachkurs gestartet, der sich hervorragend für Anfänger und Einsteiger eignet. In Kürze werde ich noch ausführlich über Stefans Blog berichten.
  • Chinesischlern-App für iPhone/iPod Touch/iPad – Es gibt für alles eine App! Das muss sich auch das Unternehmen Euro Talk gedacht haben, als es eine App mit einem sehr empfehlenswerten Crash-Kurs für Umgangschinesisch herausbrachte – allerdings nur für iPhone/iPod Touch und iPad. Eurotalk geht beim Kursaufbau nach einem Prinzip vor, das sehr erfolgsversprechend ist. Es werden Bilder mit den Worten oder kurzen Sätzen verbunden. Durch die Visualisierung (die z.B. auch Sportler benutzen) können Begriffe (oder bei Sportlern Bewegungsabläufe) deutlich schneller “trainiert” werden. Aufgelockert wird das ganze durch verschiedene Memory-Spielchen und einem Punktesystem, das zusätzlich motiviert, immer bessere Highscores zu erreichen, bevor man zur nächsten Lektion übergeht. Das Ganze nennt sich uTalk HD Chinesich-Mandarin (gibt’s auch für andere Sprachen) und kostet im App-Store von iTunes nur 5,99€.

Abschließend zwei Tipps zum Lernen eher allgemeiner Natur:

  • Zettelchen schreiben – eine einfache Methode, um Vokabel, die man eigentlich schon kennt und sprechen kann, wirklich zu verinnerlichen, ist, Klebezettelchen (Haftnotizen) in Pinyin auf Alltagsgegenstände. Darauf schreiben Sie die Bezeichnung in Pinyin (oder wer’s kann auch die chinesischen Schriftzeichen). Am Ende sieht die Wohnung zwar aus als hätte ein Vertreter für Haftnotizen und bipolarer Störung einen manischen Schub gehabt, aber es hilft wirklich beim Lernen. Alleine das Anfertigen der Zettelchen ist schon eine Hilfe. Schreiben Sie sich zumindest noch den deutschen Begriff auf die Rückseite, sonst verlieren Sie eventuell den Überblick – und Sie müssen ja auch unterscheiden können, ob “Schreibtisch” oder “Schublade”, “Milch” oder “Flasche” gemeint ist! 🙂
  • Suchen Sie sich Hilfe! – auch für Autodidakten geht kaum etwas über Hilfe beim Lernen und das Ausprobieren der eigenen erworbenen Fähigkeiten im Dialog. Kritik, Feedback, Korrektur und Lob kann man eigentlich kaum ersetzen. In einem studentischen Umfeld können Sie Aushänge machen oder eine kleine Anzeige aufgeben und sich einen Lernpartner/Lernpartnerin suchen. Das kostet fast nichts und ist für beide von Vorteil. Achten Sie darauf, dass der Chinesiche Teil nicht zu kurz kommt. Teilen sie ein Treffen zeitlich ein oder ähnliches. Alternativ können Sie sich auch jemanden suchen, der Mandarin spricht – eine höfliche Frage im chinesischen Restaurant kostet nichts. (chten Sie darauf, ob es sich wirklich um Chinesen handelt! Einige Asia-Küchen beschäftigen durchaus auch Koreaner, Japaner oder andere asiatische Volksgruppen. Fragen Sie, ob Mandarin gesprochen wird und ob sich vielleicht jemand finden läßt, der für ein Taschengeld mit Ihnen die Sprachübungen durchgeht. Vielleicht verdient sich der Sohn/die Tochter oder ein Angestellter gerne ein paar Euro nebenbei. (Es geht hier nicht um “Schwarzarbeit”, sondern um eine Gefälligkeit oder einen Nachbarschaftsdienst, wie Babysitten!)

Ich hoffe, ich konnte Ihnen in Sachen “Chinesisch lernen” ein wenig Starthilfe geben oder Sie zumindest neugierig machen oder inspirieren, sich selber auf die Suche zu machen. Viel Erfolg!