Bevor ich mir einen persönlichen Trainingsplan erstelle (oder erstellen lasse), ging’s heute erstmal an die Bestandsaufnahme. Ich war bei meinem Hausarzt, der mich schon seit fast 30 Jahren kennt und dessen Frau -mit der er eine Gemeinschaftspraxis betreibt- eine bekennende Ausdauersportlerin ist. Daher war sie es auch, die mich routinemäßig durchgecheckt hat. Blutabnahme, Ultraschall für die inneren Organe (alle vorhanden) und ein kleiner Ausdauertest auf einem Rad.

Vor dem Sieg steht der Schweiss

“20 minuten Strampeln sind ja wohl ne Kleinigkeit”, dachte ich anfangs noch und meine größte Sorge war, dauerhaft mein Bäuchlein unter dem T-Shirt einzuziehen, um der anwesenden Arzthelferin zu gefallen. 🙂 Nach circa 5 minuten gab ich dieses Anliegen aber dann zu Gunsten einer vernünftigen Atemtechnik auf. Als Ausgleich dafür fing ich lieber an, mich zu ärgern, dass ich kein Handtuch dabei hatte und aus allen Poren zu schwitzen begann. Nach zwanzig Minuten war dieser Heimtrainer kein Sportgerät mehr, sondern eine Foltermaschine! Dürfen Ärzte sowas überhaupt? Ich dachte sowas wäre eher in Institutionen wie Camp X-Ray und Camp Delta in Guantanamo-Bay üblich. 😉

Überraschenderweise überlebte ich ohne ernsthafte Schäden – abgesehen von denen an meinem Ego, das fest überzeugt gewesen war, dass 20 Minuten Cardio-Trainig mit Verkabelung ein Klacks wären. Noch überraschender war die anschließende Auswertung meiner Hausärztin:

“Sie sind ja ganz ordentlich in Schuss…” Der Satz wäre mir gewiß runtergegangen wie Öl, wäre er nicht gefolgt gewesen von der Einschränkung “…für einen Mann ihres Alters.” Naja, das positive Ergebnis zählt und das heißt: “Der Aufnahme des Trainings für einen Marathon stehen keine gesundheitlichen Einschränkungen entgegen.” Das heißt zwar nicht, dass ich das schaffen werde und auch nicht, dass ich ‘nen Herzanfall kriege, aber zumindest, dass ich es mal probieren kann.

Meine Waage ist ein Arsch!

Kurz nachdem ich wieder zu Hause war, kam mein Paket von Amazon, wo ich mir in einem Anfall von Übereifer vorgestern eine Körperfettwaage bestellt hatte. Schließlich will ich auch mit ein paar Zahlen aufwarten können, wenn ich meinen Weg um Marathon dokumentiere! Batterien rein, Beschreibung durchgeschaut und Alter & Körpergröße eingegeben und sofort mal in Unterwäsche drauf und… Ernüchterung!

Gewicht: 107,6kg (reife Leistung)
Körperfett: 22,7%
Muskeln: 40,5%
Wasser: 51,9%
Kochen: 5kg
empfohlene Kalorienzahl/Tag: 2.395kcal (die Hälfte davon deckt schon mein nächtlicher Schokoladenkonsum ab!)

Irgendwas kann aber an dieser ganzen Anzeige nicht stimmen, oder ich interpretiere da eine der Anzeigen falsch, denn wenn ich die Anteile einfach mal zusammenrechne, liegt mein Gesamtgewicht bei 115,1%. Ich denke, dass der “Wasseranteil” nicht als “Anteil vom Gesamtgewicht” gemeint ist – sonst würde ich ja zu über 50kg aus Wasser bestehen. In dem Fall könnte ich meinen Namen ohne Probleme in “Der BLOB” ändern lassen! Ich könnte mir vorstellen, dass das der “Wasseranteil in Fettzellen” oder sowas ist. Was bleibt (und eigentlich ja auch das Interessante ist), ist das Gewicht von 107,6kg.

Als Jugendlicher konnte ich essen, was ich wollte, ich hatte Probleme überhaupt ein Gewicht von über 85kg zu halten. Natürlich sagte da jeder, dass das zu wenig wäre, aber wenn ich ehrlich bin, fühlte ich mich damit noch am gesündesten. Aber vielleicht liegt das einfach daran, dass man sich als Jugendlicher und junger Mann sowieso immer am gesündesten fühlt. Als ich so um die 30 war, begann ich deutlich mehr Zeit für die Arbeit vor dem Rechner zu verbringen und mein damaliger Arbeitgeber kam auf die glorreiche Idee “Essen auf Rädern” für die Angestellten zu ordern. Innerhalb eines Jahres nahm ich lockere 20kg zu. Damals wurde denn aber aus meiner damaligen Freundin meine damalige Ex-Freundin und beruflich orientierte ich mich auch neu. Schließlich pendelte sich mein Gewicht um die 95kg ein. Das hielt ich so die nächsten Jahre bis ich in den letzten 2-3 Jahren schleichend Gramm für Gramm zu- und meine Kondition umgekehrt proportional zu meinem Gewicht abnahm. Oder ich einfachen Worten: Ich wurde langsam aber stetig schwerer und gleichzeitig schlapper.

Mühe allein genügt nicht, Frau Saubermann…

Dabei ist es gar nicht so, dass ich vor dem Rechner brüte oder mich nicht bewege – im Gegenteil: Ich gehe täglich eine halbe bis dreiviertel Stunde mit Murphy spazieren. Ich beschrifte Schaufenster und alle Wege unter 5km, die ich kein Arbeitsmaterial mitnehmen muss, fahre ich mit dem Rad – meistens jedenfalls. Ich schippe im Winter Schnee und bin eigentlich ständig irgendwie “unter Strom”. Ich denke, dass ich schlicht und ergreifend zu gerne und viel und ungesund esse und mein Stoffwechsel sich so darauf eingependelt hat, dass er die für die tägliche Bewegung erforderliche Energie locker aus den zugeführten Kalorien ziehen kann und noch was über hat für “schlechte Zeiten”. Das wird dann halt in diesem kleinen fiesen Rettungsring um meinen Bauch eingelagert.

Es muss also in Zukunft nicht nur heißen: “Mehr bewegen und trainieren”, sondern auch “dafür aber jetzt nicht mehr essen”. Aber das ist noch Zukunftsmusik. Im Moment geht es ja ja um eine Bestandsaufnahme und die ist noch nicht abgeschlossen, ohne mal einen Blick auf die Kondition zu werfen. Dazu werde ich jetzt gleich mal eine Runde laufen gehen. Ich habe mir meine Laufschuhe rausgekramt, die für ein Alter von 2 Jahren überraschend neu aussehen. So überraschend ist das nun auch nicht – schließlich habe ich sie höchstens 20 mal angehabt.

Leider weiß ich aus vorhergegangenen “Zum-Laufen-Aufraff”-Versuchen, dass man auf ein paar Sachen aufpassen muss:

  • Nicht enttäuscht sein, wenn man total abkackt – es ist normal, dass man die eigene Leistungsfähigkeit total überschätzt.
  • Nicht übertreiben – kaum etwas spielt dem eigenen Schweinehund beim Überwinden mehr in die Hände als ein schmerzhafter Muskelkater.
  • bekannte Blasenstellen vorbeugen, sonst wird’s nichts mit dem zweiten Lauf.
  • Wenn die Schläfen pochen, der Puls rast und man den Herzschlag im Hals spürt, sollte man schon vor 10 Minuten die Überlegung angestellt haben, ob man sich nicht übernimmt.
  • 3 Stunden vor dem Lauf nichts “Schweres” essen.
  • Was zu trinken mitnehmen!

Es heißt also morgen früh: Los geht’s!