Stein des Anstoßes für die FIFA, der zum Stadionverweis und Verhören/Verhaftungen durch die südafrikanische Polizei führen kann - DutchDress der Brauerei Bavaria

Die WM 2010 ist eines, wenn nicht das größte, Sportereignis der Welt. Alleine 1,5 Milliarden Zuschauer verfolgten die Eröffnungs-Zeremonie. Südafrika und mit ihm ein ganzer Kontinent stehen für Wochen im Rampenlicht der Weltöffentlichkeit.

Natürlich wollen alle – Firmen wie Privatleute – an dieser Öffentlichkeit partizipieren, doch die FIFA hat strenge Richtlinien zur Zusammenarbeit mit Werbepartnern und Sponsoren. Mit dem FIFA-Logo zu werben oder sich darauf zu beziehen, kostet die Unternehmen unglaublich viel Geld, aber für diesen Preis können Sie sich die weltweite Publicity kaufen.
Findige Unternehmen versuchen bei Veranstaltungen dieser Größenordnung natürlich die Vorschriften zu umgehen und Ihre Werbung und Slogans wirkungsvoll zu platzieren. Diese Methode der scheinbar “illegalen” oder zumindest in Grautönen anzusiedelnden Werbung, nennt man “Umbush Marketing”. Aber es muss ganz deutlich gesagt werden, dass die englische Begrifflichkeit Ambush (Hinterhalt) zwar die Legalität in Frage stellt, aber nur in den wenigstens Fällen wirklich illegal ist. So kann es wohl kaum strafbar sein, einen offiziellen Jabulani-Fußball von Adidas zu kaufen, neben sein Produkt auf den Rasen zu legen, die Szene zu fotografieren und der deutschen Nationalmannschaft viel Glück zu wünschen.

Von Hinterhalten und Guerilla-Taktiken bei der WM 2010 in Südafrika

Bereits vor Beginn der Weltmeisterschaft hatte die FIFA 2.500 Fälle angeblichen Ambush Marketings behandelt, darunter auch den Werbeslogan in einer Anzeige  „Inoffizielle nationale Fluglinie der Sie-Wissen-Schon-Was“ der südafrikanischen Fluglinie Kulula, den die FIFA untersagt hatte.

Ein Flieger der Fluglinie Kulula

Ein Flieger der südafrikanischen Billigfliegers Kulula

Der Weltfußballverband FIFA klagte sofort gegen die Fluggesellschaft aufgrund unlauteren Wettbewerb. Der Verband bezichtigte Kulula in einer Werbeanzeige einen nicht genehmigten Bezug zur Fußball-Weltmeisterschaft 2010 hergestellt zu haben und er bekam Recht. Da erkennt man schon den großen Einfluss der FIFA, die Milliarden an Devisen auf den “schwarzen Kontinent” bringt und ganz Afrika “quasi im Handstreich” die Chance zu einem neuen weltweiten Image verpasst.

Die Fluglinie nutzte die Aufregung um den Prozess und im Juni 2010 startete Kulula eine Werbekampagne in der nationalen Presse und pries günstige Flüge für alle an, außer für FIFA-Präsident Sepp Blatter, für den alle Flüge frei seien.

Ein Bosten-Terrier wie "Sepp Blatter"

Ein Bosten-Terrier wie "Sepp Blatter"

Der Besitzer eines Boston-Terrier ändert den Namen seines Hundes zu Sepp Blatter und nahm dieses Angebot an. Auf der Facebook-Seite von Kulula wird der Hund als neues Maskottchen vorgestellt. In der neuen Werbung heißt es jetzt: Es sei offiziell. “Sepp Blatter fliegt mit uns”.

Die Werbekampagne fand in der Presse international Beachtung und vergrößerte den weltweiten Bekanntheitsgrad der südafrikanischen Billigfluggesellschaft.

Niederlande – Dänemark: harter Kampf auf dem Platz, Verweise auf den Rängen

Seit es Werbung gibt werden gut aussehende Menschen in sexy Outfits zur Steigerung des Umsatzes in der Werbung eingesetzt.

Jubelnde Blondinen in DutchDresses (Quelle: Facebook)

Jubelnde Blondinen in DutchDresses

Ob es der “Lätta-Mann” ist, der mit nacktem Podex in einen See springt oder leicht bekleidete Promotion-Girls, die für “Kleiner Feigling” auf Veranstaltungen für den Likör werben. “Sex sells” heißt es und kaum eine Methode wirkt in der Werbung so gut, wie die Erregung – von Aufmerksamkeit natürlich!

Eine der wenigen Aufnahmen der Beer Babes

Eine der wenigen Aufnahmen der Beer Babes, die gemeinsam ihre Mannschaft anfeuern

Aber beim Spiel Niederlande – Dänemark schwenkten die Kameras daher auch immer wieder auf eine Gruppe von etwa 35 blonden Frauen in orangenen Minikleiders. Natürlich ist so eine Ansammlung von Fans eigentlich ein gern gesehenes und verbreitetes Motiv für die Kameras – sollte man meinen. Anders sah das die FIFA, die die Plätze der Frauen (größtenteils südafrikanische Staatsangehörige) strategisch abseits der Kameras in der Halbzeitpause kurzerhand räumen ließ.

Stadionverweis! Selbst die südafrikanischen Ordner sehen bei der Ausführung dieser undankbaren Aufgabe nicht wirklich glücklich aus...

Stadionverweis! Selbst die südafrikanischen Ordner sehen bei der Ausführung dieser undankbaren Aufgabe nicht wirklich glücklich aus...

Was war geschehen? Hatten die Frauen als wilde Hooligans eine Schlägerei angefangen? Gefährliche Gegenstände geworfen oder bengalische Fackeln entzündet? Waren ihre Vuvuzelas zu laut und die Nachbarn hatten sich beschwert – Nein! Die Begründung für die Räumungsaktion lag bei den orangenen Outfits der Damen. Ach so – wahrscheinlich zu sexy und offenherzig, könnte man meinen, aber mit der Vermutung liegt man weit daneben. Offizieller Sponsor für die FIFA WM 2010 in Südafrika ist nämlich die US-amerikanische Brauerei Anheuser-Busch, die unter anderem auch die Biermarke Budweiser produziert. Der FIFA war wohl ein Dorn im Auge, dass die sexy Blondinen, die immer wieder die Blicke der Kameras und damit der ganzen Welt auf sich zogen, Kleider trugen, die von der Brauerei Bavaria aus den Niederlanden vertrieben wurden.

Ob Sylvie Van der Vaart, niederländische Entertainerin, Moderatorin, Jury-Mitglied bei "Deutschland sucht das Supertalent" und Frau des Mittelfeldspieler Rafael van der Vaart auch sofort des Stadions verwiesen würde, wenn sie in diesem Outfit zu einem Spiel Ihres Mannes auftauchen würde?

FIFA-Mitarbeiter beschuldigten die Frauen, unlauter für eine nicht zu den offiziellen Sponsoren gehörenden Biermarke zu werben und so wurden die orangenen Blondinen im Laufe der Halbzeitpause von 40 Ordnern umstellt und Anfang der zweiten Halbzeit zum Verlassen des Stadions gezwungen. Nach einer Befragung durch die FIFA (Gibt’s jetzt sowas wie die FIFA-Polizei?) seien die Frauen auch von der Polizei verhört worden.

“Hüp, Holland, hüp” könnte zur Aufforderung zum “zivilen Ungehorsam” gegen die “Bekleidungsvorschriften” der FIFA bei WM-Spielen werden

Zwei der Niederländerinnen wurden zwei Tage nach dem Spiel in ihrem Hotel erneut festgenommen (!) und erst wieder freigelassen, nachdem sie ihre Reispässe abgegeben und eine Kaution gezahlt hatten. Es wurde festgestellt, dass sich ein Bavaria-Logo, „nicht größer als eine Briefmarke,

[…] kaum sichtbar auf schwarzen Schildern am Kleid“ befand. Der Anwalt der Beschuldigten sagte aus, dass die Frauen„völlig traumatisiert“ seien, weil sie behandelt wurden „wie Gewalttäter“. Kritik am Vorgehen der FIFA und der südafrikanischen Behörden äußerten auch der niederländische Außenminister Maxime Verhagen, der es in einer offiziellen Protestnote als unverhältnismäßig und absurd bezeichnete, und die niederländische Botschaft in Pretoria wies durch Peer Swinkels darauf hin, dass die Werbewirkung der orangenen Kleider nur durch das Einschreiten der FIFA entstand, da nun die ganze Welt über Bavaria und die sogenannten Beer Babes rede.

Was kommt als nächstes?

Im Prinzip hat die Bavaria-Brauerei mit ihrer Aktion,  auch wenn sie sich davon distanzieren, einen “kleinen großen Coup” gelandet. Aber an diesem Erfolg ist die FIFA natürlich nicht ganz unbeteiligt. An Vorfällen wie diesen sieht man mal, wie groß die Macht des weltweiten Fußballverbandes ist, wenn die auf eine Gruppe Blondinen in orangenen Minikleidern zeigen können und die Polizei der Aufforderung: “Verhaften Sie diese Frauen!” sofort Folge leistet.

Natürlich ist diese Art der Werbung grenzwertig, aber selbst die beste HD-Aufnahmen und Übertragungen in alle Welt, können keine “briemarkengroße” Logos erkennbar abbilden und eines muss man Bavaria ja wohl lassen: Sie haben im Prinzip nichts illegaleres getan als es Millionen von Damen-Boutiquen auf der ganzen weiten Welt tagtäglich tun. Sie haben kleider verkauft und die Frauen, die diese Kleider tragen ins rechte Licht gerückt und damit dafür gesorgt, dass man sie in den orangenen Fan-Outfits sieht.

Wovor muss ich mich als fußballbegeisterter Fan in den Stadien dieser Welt, in denen Matches der FIFA ausgetragen werden, als nächstes fürchten? Darf ich keinen anderen als den offiziellen FIFA-Ball aufschneiden und mir auf den Kopf setzen? Darf ich kein Shirt eines Konkurrenten eines Sponsors der FIFA WM tragen? Was passiert, wenn Levis offizieller Sponsor der FIFA wird? Muss ich dann in  Levis-Jeans oder in Unterhosen ins Stadion? Wie weit soll das gehen und ist so ein harsches Vorgehen angebracht? Und viel wichtiger: Ist dieses Vorgehen auch im Sinne der offiziellen Sponsoren?

Übrigens: Falls ich den holländischen Satz “DutchDress uitverkocht” im Webshop von Bavaria richtig interpretiere, ist das orange Minikleidchen mittlerweile ausverkauft. 🙂 Wer weiß, wie viele weibliche Fans beim Spiel Uruguay – Niederlande am 6.7.2010 in Kapstadt mit einem Stationverweis rechnen müssen und einige Zeit bei Verhören bei der Polizei verbringen. Vorwurf: Zu sexy mit dem falschen Sponsor!

Letzte wichtige Hinweise zum Besuch eins FIFA-Spieles

Im Vergleich zur WM 2006 hat die FIFA für die WM 2010 in Südafrika das Sponsoring-Konzept komplett überarbeitet. Neben den bereits feststehenden ständigen FIFA-Partnern Adidas, Coca-Cola, Emirates, Hyundai Kia Automotive Group, Sony und VISA waren bis zu sechs weitere FIFA-WM-Sponsoren und bis zu sechs nationale Förderer vorgesehen.

So wurden als „Sponsoren FIFA Fußball-Weltmeisterschaft“ 2010 die acht Marken Budweiser, Castrol, Continental, McDonald’s, MTN, Mahindra Satyam, Seara und Yingli Solar ausgewählt.

„Nationale Förderer“ wurden BP South Africa, die südafrikanische First National Bank, Neo Africa, Prasa, Shanduka-Aggreko und Telkom.

Also bitte beachten Sie als Besucher eines der Spiele der WM in Ihrem eigenen Interesse, ein nicht zu auffälliges Outfit zu tragen, das die Aufmerksamkeit der Kameras auf Sie ziehen könnte. Bilden Sie keine einheitlichen Blöcke, auch wenn Sie die Karten geschenkt bekommen haben. Notfalls tragen Sie die Farben der gegnerischen Mannschaft. Bleiben Sie ruhig und gesittet auf Ihrem Platz sitzen und vebreiten Sie keinen Spaß und gute Laune. Unterlassen Sie Fan-Gesänge. Vor allem: Sehen Sie auf keinen Fall sexy aus! Wenn Sie eine hollandische Blondine sind, geben Sie sich wenigstens Mühe!

Tragen Sie kein Kleidungsstück, das nicht von Adidas stammt, fliegen Sie mit Emirates zum Austragungsort, mieten Sie nur einen Hyundai und/oder Kia der Castrol-Öl-befüllt ist und Continental-Reifen drauf hat, tragen Sie keine Ohrhörer oder Elektronikgeräte sichtbar, die nicht von Sony stammen, bezahlen Sie mit VISA oder eröffnen Sie ein Konto bei der südafrikanischen First National Bank, und telefonieren Sie nur mit Telkom und vergewissern Sie sich, dass Ihr Internetanschluss von Telcom zur Verfügung gestellt wird, trinken Sie auschließlich Coca-Cola, Budweiser oder Getränke dieser Hersteller, essen Sie nur Fastfood von McDonalds (keine einheimischen Gerichte) und geben Sie um Himmels Willen kein politisches Statement auf Ihrem T-Shirt gegen BP ab!